Am dritten Tag starteten wir einen erneuten Versuch, über den Nanzenji zum Ginkakuji zu gelangen. Beim Nanzenji selbst ließen wir uns auch mehr Zeit und erkundeten die wirklich recht große Anlage in aller Ruhe. Selbst Louis, der zwar seine Kamera-Ausrüstung immer mit sich herumtrug aber kaum davon Gebrauch gemacht hatte, ließ sich dazu herab, einige Fotos zu schießen.
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Großes Tor des Nanzenji |
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Blick in ein anderes Reich? |
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Dampf auf dem Dach |
Nachdem wir dann eine ganze Runde um den Tempel gedreht hatten, machten wir uns auf die Suche nach dem Philosophers Path, dem 哲学の道 (Tetsugaku no michi), welcher wie gelesen hatte vom Nanzenji aus losgehen sollte. Es stellte sich allerdings heraus, dass der Weg ein wenig weiter draußen anfing, aber ausgeschildert war. Wir machten uns also auf den Weg und liefen durch die Randbereiche Kyotos, die ein wirklich sehr ruhiges und gelassenes Flair hatten. Mich erinnerte es ein wenig an Kamakura, wenn auch die Gebäude nicht so hübsch waren. Als wir den Anfang des Philosophers Path dann gefunden hatten und gerade weitergehen wollte, bemerkte ich dass sich eine Gruppe Mittelschüler, etwa 14 Jahre alt, an uns heranpirschte. Es waren drei Mädchen und zwei Jungen, allesamt in Schuluniform und eines der Mädchen trat mit einem Zettel in der Hand an uns heran und fragte etwas unsicher auf Englisch, ob sie uns ein paar Fragen stellen durften.
Es stellte sich heraus, dass sie von ihrer Englischlehrerin die Aufgabe bekommen hatten, Touristen oder generell Ausländer zu finden und mit denen ein kleines Fragespielchen zu machen. Wir antworteten zunächst aus Japanisch (was eine Welle des überraschten Raunens auslöste), dann aber doch auf Englisch, da es ja für die Schüler eine Übung sein sollte. Die Fragen waren alle recht simpel: wie heißt ihr (wir haben es auch aufgeschrieben), was mögt ihr an Japan, lebt ihr hier, was esst ihr gerne ... Zum Schluss haben wir dann ein gemeinsames Bild gemacht und die Bande ist fröhlich von dannen gezogen.
Louis und ich setzten unseren Weg entlang des Pfades dann fort, der zu dieser Jahreszeit allerdings wirklich etwas lahm war. Bekannt für seine unzähligen Kirschbäume, die natürlich nicht den Hauch einer Blüte zeigten, entfaltet der Weg wohl im Frühling erst richtig sein volles Potenzial. Schade.
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Philosophierende Katzen? |
Schließlich erreichten wir den Ginkakuji, den "silbernen Pavillon", der vor allem mit seinem atemberaubenden Garten bei mir punkten konnte. Ich bedaure ein wenig, nicht im Herbst nach Kyoto gefahren zu sein, denn da wäre es schlichtweh überwältigend gewesen. Ich ließ mir dennoch sehr viel Zeit und schlenderte gemächlich durch die Anlage, während Louis, der sich offenbar etwas anderes erhofft hatte recht lustlos voraus ging und immer wieder auf mich wartete.
Die Bilder, die ich gemacht habe seht ihr hier:
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Betreten verboten! ;) |
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Beweisfoto ... |
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Anzeichen des Frühlings |
Nachdem wir unsere Runde zu Ende gedreht hatten suchten wir uns auf der nahen Einkaufsstraße ein nett aussehendes Lokal, bekamen einen Tisch nach japanischer Art (niedriger Tisch, keine Stühle sondern Sitzpolster) und aßen recht spezielle Dons, die mit Fisch und einer Reihe nicht definierbarem Gemüses daher kamen. War aber sehr lecker! :)
Unser nächstes Ziel hieß dann Kinkakuji, der "goldene Pavillon", der sich allerdings am anderen Ende der Stadt befand, sodass wir eine der drei großen Buslinien nahmen. An der Haltestelle habe ich beim warten dieses Schild entdeckt, was einmal mehr beweist, das Japaner einfach kein Englisch können:
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Sie meinen "Upstairs" ;) |
Auf der Fahrt zum Goldenen Tempel teilten wir uns den Bus mit allerhand Schülern, die ebenfalls mit ihren Lehrern ebenfalls auf dem Weg dorthin waren. Nachdem Louis und ich im Bus unsere Plätze zwei älteren Damen überlassen hatten (die dann sehr wohlwollend über uns getuschelt haben) und eine ganze Weile standen, wurde weiter hinten im Bus eine Sitzbank frei. Louis ließ seinen Rucksack auf der Ablage im vorderen Teil des Busses zurück und wir setzten uns. Einige der Schüler bemerkten aber, dass wir unseren Rucksack "vergessen" hatten und erreichten einen Zustand heller Aufregung. Sie schauten immer wieder zwischen uns (wir hatten freie Sicht auf den Rucksack, daher kein Grund zu Besorgnis) und dem Rucksack hin und her und fingen an zu diskutieren. Schließlich fasste einer von ihnen den Mut, nahm den Rucksack und wollte ihn uns armen, vergesslichen und verwirrten Ausländer nach hinten bringen. Louis intervenierte auf halben Weg und versuchte ihm lachend zu erklären, dass das schon so in Ordnung sei.
Und selbst als wir dann den Tempel erreichten und dort unsere Runde drehte, ertappten wir hin und wieder einen der Schüler, wie sie auf uns "aufpassten". Wir hatten unseren Spaß ;)
Der Kinkakuji selbst ist etwas beeindruckender als der Ginkakuji (der auch eher weiß als Silber ist), dafür machte der Garten im Vergleich nicht ganz soviel her. Fleißig fotografiert habe ich natürlich trotzdem.
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Sehr viel Kleingeld! |
Nach einem kurzem Besuch im お土産 (Omiyage-Andenken) Lädchen nahmen wir einen der Busse, der uns zurück Richtung Stadtzentrum bringen sollte, wo wir ausstiegen und noch einen kleinen Spaziergang um den Imperial Palace herum machten. Wie in Tokyo, darf man den Kaiserpalast selbst nicht so ohne weiteres betreten, sodass wir uns nur den Park drum herum anschauten.
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Der Tennô mag offenbar extrem breite Wege ... ;) |
Nach einer kurzen Pause und eine angeregten wenn auch ergebnislosen Diskussion über die Eigenarten japanischer Frauen, sind wir zurück zum Hotel gefahren, um uns noch etwas auszuruhen, denn Abendprogramm stand ebenfalls bereits fest!
Da sich Laura (von meiner Uni in Halle) mit ihrem Bruder und ihrem Cousin, zu der Zeit ebenfalls in Kyoto aufhielten, hatten wir uns auf einen Abend zusammen im Izakaya verabredet. Ich hatte vorher im Hotel Yuugo gefragt, ob er uns eines empfehlen könne (was er konnte und tat) und dort gingen wir dann auch hin und blieben ganze fünf Stunden, in den wir uns super unterhalten haben und sehr viel Spaß hatten! Wir sollten das beizeiten wiederholen ;)
Ja, die kleinen Aufpasser... klingt so, als hättet ihr ein paar interessante soziologische Studien vornehmen können. ^^
AntwortenLöschenAuf jeden Fall! ;)
AntwortenLöschenDas ist ja eine wunderschöne Landschaft. Alles strahlt so eine Ruhe aus (hat mich echt entspannt in meiner stressigen Lernphase ;) ).
AntwortenLöschenBist du eigentlich auch schon auf Ablehnung gegenüber Ausländern gestoßen oder wird sich immer recht rührend um euch gekümmert?
LG Tamara
Ja tut es wirklich, ich hätte da auch einfach noch länger sitzen bleiben können :)
AntwortenLöschenUnd ja, passiert eigentlich fast täglich, wenn auch in recht geringem Maße. Zum Beispiel setzen sich die Leute nicht neben dich in der Bahn oder gar von dir weg wenn ein anderer Platz frei wird, du wirst unverhohlen angestarrt und einmal haben sie uns in einem Restaurant gesagt es sei kein Platz mehr frei, obwohl offensichtlich das Gegenteil der Fall war. Aber es gibt genauso die andere Seite, dass die Leute sehr interessiert an einem sind und sehr höflich. ;)
Aber so offensiv wie Ausländer bei uns - leider immer noch - behandelt werden, werdet ihr also nicht behandelt, ja? Es beruhigt einen ungemein, genauso wie die Bilder, dass nicht jede Nationalität in vielen Ansichten so ablehnend ist wie unsere.
AntwortenLöschenAbgesehen von den vielen Menschen und Feinheiten in ihrem Verhalten, muss ich wieder mal sagen, dass die Bilder sagenhaft sind! Einige davon würden sich sehr gut als Poster eignen, ganz besonders "das Tor in eine andere Welt"! Ein Hoch auf deine Kamera und besonders auf Louis, der so viel Geduld mit dir hat :D
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